ZiviZ-Sonderauswertung | BILDUNGSENGAGEMENT IN DEUTSCHLAND:

Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven von Kita- und Schulfördervereinen

Die spendenfinanzierte Stiftung Bildung veröffentlicht in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung (ZiviZ), gefördert durch die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE), die ZiviZ-Sonderauswertung “Bildungsengagement in Deutschland: Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven von Kita- und Schulfördervereinen”.

Die Studie beleuchtet u.a. die Strukturmerkmale von Kita- und Schulfördervereinen, die Ressourcen der Engagierten und der Fördervereine sowie die Bedarfe des Bildungsengagements.  Auf Grundlage der Studienergebnisse empfehlen wir die nachhaltige Stärkung der Landes- und Bundesverbände der Kita- und Schulfördervereine durch die Länder und den Bund, um die Potentiale des Bildungsengagements vollständig zu heben und die Engagierten vor Ort durch Beratung, Vernetzung und Qualifizierung zu stärken.

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ZiviZ-Sonderauswertung

BILDUNGSENGAGEMENT IN DEUTSCHLAND:

Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven von Kita- und Schulfördervereinen

ZiviZ-Sonderauswertung | BILDUNGSENGAGEMENT IN DEUTSCHLAND: Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven von Kita- und Schulfördervereinen (PDF-Datei)

Das Bildungsengagement gehört zu den jüngsten und größten Engagementfeldern in Deutschland und leistet rund um Kita und Schule einen zentralen Beitrag für beste Bildung für alle Kinder und Jugendlichen, trägt zu mehr Chancengerechtigkeit an den Bildungsstandorten bei und stärkt das demokratische Miteinander an den Kitas und Schulen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Bildungsengagement sind bisher eher rar, jedoch von zentraler Bedeutung, um diese spezielle Form des Engagements und seine gesellschaftlichen Wirkungen besser zu verstehen und gut befördern zu können. Welchen Beitrag leisten Bildungs-, Kita- und Schulfördervereine? Über welche Ressourcen verfügen die Vereine und welche Bedarfe haben die Engagierten?

Erkenntnisse über diese und weitere Fragen zum Bildungsengagement liefert unsere neue ZiviZ-Sonderauswertung Bildungsengagement in Deutschland: Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven von Kita- und Schulfördervereinen. Die Studienergebnisse sollen die Basis für die Entwicklung zielgerichteter Strategien zur Förderung und Unterstützung der Kita- und Schulfördervereine bieten und gleichzeitig das Bewusstsein für ihre wichtige Rolle erhöhen, die sie im deutschen Bildungssystem spielen.

Die Studie richtet sich an ein breites Spektrum von Akteur*innen: Sie liefert Orientierungswissen für Entscheidungsträger*innen auf Bundes- und Länderebenen sowie in staatlichen Bildungseinrichtungen, für ehrenamtlich Engagierte in Bildungsfördervereinen, für die Verbände der Kita- und Schulfördervereine auf Landes- und Bundesebene, sowie für die Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Darüber hinaus soll sie der Politik Einblicke in die vielfältige Landschaft der Bildungsfördervereine in Deutschland bieten und Orientierung geben, wie die Rahmenbedingungen für die Arbeit von Bildungsfördervereinen verbessert werden können.

ZENTRALE ERKENNTNISSE

▶ In Deutschland gibt es rund 32.000 Kita- und Schulfördervereine

Im Jahr 2022 zählte Deutschland 31.557 Bildungsfördervereine. Davon konzentrieren sich zwei Drittel auf die Unterstützung allgemeinbildender Schulen (z.B. Grundschulen, Realschulen, etc.), während knapp ein Drittel sich für Einrichtungen der frühkindlichen Bildung wie Kitas und Kindergärten und 2 Prozent für berufsbildende Schulen wie Berufsschulen und Berufskollegs engagiert.

▶ Hohe Gründungsdynamik bei Kitafördervereinen

Zwischen 1990 und 1999 wurden besonders viele Fördervereine für allgemeinbildende Schulen gegründet, wohingegen Neugründungen zwischen 2000 und 2009 und 2010 und 2022 rückläufig sind. Dies könnte Audruck einer gewissen Sättigung sein, beispielsweise in Regionen, in denen die Abdeckung durch Schulfördervereine besonders hoch ist. Im Gegensatz dazu ist die Anzahl neugegründeter Kitafördervereine seit 1990 kontinuirlich gestiegen.

▶ Bildungsfördervereine haben Potentiale in der Mitgliedergewinnung und -bindung

Über die Hälfte der Bildungsfördervereine wünscht sich mehr Mitglieder – ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Jahr 2016, als der entsprechende Anteil noch 12 Prozentpunkte weniger betrug. Hinsichtlich der Mitgliederentwicklung berichten mehr Bildungsfördervereine von einem Anstieg als von einem Rückgang ihrer Mitgliederzahlen. Trotz der zunehmenden Entkoppelung von Engagement und Mitgliedschaft sowie der besonderen Herausforderungen von Bildungsfördervereinen während der Pandemie, lässt sich somit bislang kein flächendeckender Mitgliederschwund feststellen. Für die Mehrheit dieser Vereine blieben die Zahlen jedoch unverändert, was hinsichtlich der selbst wahrgenommenen Mitgliedersituation auf eine anhaltende Herausforderung hinweist. Weiterhin fällt es weniger als einem Drittel der Bildungsfördervereine leicht Mitglieder dauerhaft zu binden, was darauf hindeutet, dass für Bildungsfördervereine die langfristige Bindung von Mitgliedern ebenfalls eine Herausforderung darstellt.

▶ Zwei Drittel der Bildungsfördervereine berichten von gleichbleibenden Engagiertenzahlen

Etwa ein Viertel der Bildungsfördervereine hat mehr als 10 freiwillig Engagierte. Damit stehen ihnen deutlich weniger freiwillig Engagierte zur Verfügung als anderen Fördervereinen und zivilgesellschaftlichen Organisationen insgesamt. Mehr Bildungsfördervereine berichten von gesunkenen als von gestiegen Engagiertenzahlen. Für etwa zwei Drittel der Bildungsfördervereine blieben die Engagiertenzahlen im Zeitraum von 2017 bis 2022 unverändert.

▶ Die Hälfte der Bildungsfördervereine hat jährliche Einnahmen bis 4.000 Euro

Die meisten Bildungsfördervereine verfügen über sehr begrenzte finanzielle Mittel. 71 Prozent von ihnen nahmen im Haushaltsjahr 2021 maximal 10.000 Euro ein. Viele Bildungsfördervereine verfügen allerdings noch über deutlich weniger als 10.000 Euro Gesamteinnahmen im Jahr. So haben 50 Prozent der Bildungsfördervereine Einnahmen von 4.000 Euro oder weniger.

▶ Bildungsfördervereine sind in der digitalen Kommunikation mit Förderinstitutionen und Spendenden gut aufgestellt – Ausbaupotential gibt es im Bereich der digitalen Öffentlichkeitsarbeit

Der Grad der Digitalisierung hat sich in der Corona-Pandemie als ein wesentlicher Faktor für die Krisenfestigkeit von Organisationen herausgestellt. Dies trifft auch auf Bildungsfördervereine zu, die während der Kita- und Schulschließungen besonders schwierigen Rahmenbedingungen ausgesetzt waren. Die Mehrheit der Bildungsfördervereine sieht sich im Bereich der Kommunikation mit Förderinstitutionen und Spendenden digital gut aufgestellt. Ausbaupotential gibt es im Bereich der digitalen Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.

▶ Etwa ein Drittel der Bildungsfördervereine ist im Klimaschutz aktiv oder plant entsprechende Angebote

Etwa ein Drittel der Bildungsfördervereine engagiert sich bereits im Klimaschutz oder plant entsprechende Aktivitäten für die kommenden Jahre. Durch die Anerkennung des Klimaschutzthemas als ein bedeutendes Querschnittsthema setzen sie nicht nur ein wichtiges Signal für mehr Klimaschutz, sondern verdeutlichen auch, dass die Verantwortung für den Klimaschutz sämtlichen Organisationen obliegt. Allerdings sind auch zwei Drittel der Bildungsfördervereine bisher nicht im Klimaschutz aktiv und planen auch noch keine entsprechenden Angebote.

▶ Drei Viertel der Bildungsfördervereine sehen sich gut oder teilweise gut für zukünftige Krisen gewappnet

Mehr als ein Drittel der Bildungsfördervereine fühlt sich gut auf zukünftige Krisen vorbereitet. Bildungsfördervereine schätzen ihre Krisenresilienz allerdings etwas schlechter ein als zivilgesellschaftlichen Organisation insgesamt. Immerhin 38 Prozent der Bildungsfördervereine sehen sich teilweise gut vorbereitet.

▶ Die kulturelle und soziale Vielfalt in Bildungsfördervereinen bietet Chancen – mehrheitlich sind Frauen engagiert

61 Prozent der Bildungsfördervereine weisen eine (eher) ähnliche soziale Prägung auf, wodurch sie deutlich homogener als andere Fördervereine und zivilgesellschaftliche Organisationen insgesamt sind. Zwei Drittel der Bildungsfördervereine gibt zudem an, dass ihre Engagierten eine (eher) ähnliche kulturelle Prägung haben.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

▶ Stärkung der Unterstützungsstrukturen der Verbände der Kita- und Schulfördervereine

Das ehrenamtliche Bildungsengagement vor Ort ist mit hohen Belastungen und Herausforderungen konfrontiert. Es ist daher von Bedeutung, die Netzwerk- und Unterstützungsstrukturen, etwa die Verbände der Kita- und Schulfördervereinen, die sich auf ehrenamtliche Bildungsfördervereine konzentrieren, dauerhaft zu fördern und zu stärken. So können Weiterbildungsangebote für freiwillig Engagierte, die Bereitstellung von Ressourcen und die Schaffung von Plattformen für den Austausch und die Vernetzung dazu beitragen, die Effektivität der Arbeit von Engagierten zu erhöhen und ihre Belastung zu reduzieren.

▶ Ausbau der digitalen Öffentlichkeitsarbeit zur Gewinnung neuer Engagierter

Viele Bildungsfördervereine stehen vor der Herausforderung, genügend Mitglieder und Engagierte für ihre Arbeit zu gewinnen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, sollten Bildungsfördervereine ihre Präsenz in der Öffentlichkeit stärken. Insbesondere im digitalen Bereich kann der Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit dazu beitragen, die Reichweite des Vereins zu erhöhen und potenzielle Mitglieder und Engagierte anzusprechen. So informieren sich in der heutigen Zeit immer mehr Menschen online über Möglichkeiten des Engagements. Es ist daher entscheidend, die Aktivitäten und Angebote des Vereins online sichtbar zu machen. Dies kann beispielsweise durch die Nutzung von Social-Media-Plattformen, regelmäßige Aktualisierungen der Website sowie die Organisation von Online- und Informationsveranstaltungen erreicht werden.

▶ Mit kultureller und sozialer Vielfalt mehr Chancengerechtigkeit schaffen

Die meisten Bildungsfördervereine zeichnen sich bislang durch eine (eher) ähnliche soziale und kulturelle Prägung aus, was dazu führen kann, dass sie nach außen oft als geschlossene Gemeinschaften wahrgenommen werden. Die Integration von Diversität innerhalb des Vereins kann jedoch wesentlich dazu beitragen, Menschen aus verschiedenen sozialen und kulturellen Hintergründen anzusprechen und für eine Mitgliedschaft oder ein ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. Darüber hinaus ermöglicht eine kulturelle und soziale Vielfalt im Verein ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten. Dies verbessert die Möglichkeiten, Förderungen gezielt anzupassen und trägt so zu mehr Chancengerechtigkeit bei. Es ist daher ratsam, sowohl während der Suche nach Mitgliedern und Engagierten als auch in der Ausrichtung von Fördermaßnahmen, einen stärkeren Schwerpunkt auf soziale und kulturelle Vielfalt zu legen.

▶ Zugänge zu öffentlichen Fördermitteln erleichtern

Etwa jeder fünfte Bildungsförderverein ist der Ansicht, dass seine Arbeit vom Staat geleistet und finanziert werden sollte. Dennoch machen öffentliche Fördermittel durchschnittlich nur 7 Prozent der Gesamteinnahmen von Bildungsfördervereinen aus. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass viele Bildungsfördervereine, die in der Regel rein ehrenamtlich geführt werden, nicht die Kapazitäten haben, den teils beträchtlichen Aufwand für die Antragstellung und Abwicklung zu bewältigen. Künftig sollte somit verstärkt darauf geachtet werden, im Portfolio der Förderprogramme auch niedrigschwellige Angebote zu schaffen, die wenig bürokratischen Aufwand mit sich bringen und kleinen Vereinen erlauben, sich auf ihre eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Öffentliche Förderprogramme sollten zudem verstärkt Bildungsfördervereine in Großstädten in den Blick nehmen, da dort besonders viele Vereine von gesunkenen Mitgliedereinnahmen berichten und hier die finanzielle Lage der Vereine besonders häufig als „mangelhaft“ eingestuft wird.

▶ Klimaschutz als ein bedeutendes Querschnittsthema anerkennen und ausbauen

Etwa ein Drittel der Bildungsfördervereine engagiert sich für den Klimaschutz, beispielsweise im Zuge von Klimaschutzprojekten und Bildungsangeboten. Damit zeigen sie, dass nicht nur Umweltorganisationen, sondern auch Bildungsfördervereine einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Die überwiegende Mehrheit der Bildungsfördervereine engagieren sich jedoch nicht für den Klimaschutz und plant dies auch nicht für die Zukunft. Hier sollte das Thema Klimaschutz stärker als Querschnittaufgabe verstanden werden und sich für Klimaschutzmaßnahmen eingesetzt werden, denn es braucht die Zivilgesellschaft als Ganzes, damit die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft gelingen kann. Gerade Bildungsfördervereine können als wichtige Förderpartner von Kitas und Schulen ihren Einfluss nutzen, um das Bildungs- und Projektangebot im Klimaschutzbereich auszubauen.

▶ Krisenresilienz ausbauen

Die meisten Bildungsfördervereine fühlen sich gut oder teilweise auf zukünftige Krisen vorbereitet. Für ein Viertel der Bildungsfördervereine trifft dies allerdings nicht zu. Eine Strategie zur Steigerung der Krisenresilienz besteht im Vorantreiben der Digitalisierung. Neben der Erweiterung der digitalen Öffentlichkeitsarbeit sollten Bildungsfördervereine somit die digitale Transformation ihrer Vereinsprozesse fördern. Dies umfasst unter anderem die Online-Koordination von Mitgliedern und Engagierten und die Entwicklung digitaler Aktivitäten und Angebote.

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Die ZiviZ-Sonderauswertung “Bildungsengagement in Deutschland: Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven von Kita- und Schulfördervereinen” wurde im Auftrag der Stiftung Bildung durch ZiviZ im Stifterverband erstellt.

Wir bedanken uns bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) für die Förderung der Studie.

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