Wie gut, dass es Oma und Opa gibt

Gastbeitrag des Online-Magazins Prinzip Apfelbaum

Nie zuvor waren sich Großeltern und Enkelkinder so nah wie heute. Der Kontakt ist persönlicher, sie verstehen sich besser und verbringen mehr gemeinsame Zeit. Ganz nebenbei geben Oma und Opa auch die Werte weiter, die ihnen wichtig sind.

Mindestens 14 Millionen Menschen über 60, so sagen es Statistiken, sind in Deutschland Großeltern. Nicht nur zahlenmäßig sind Omas und Opas eine Größe. Auch sozial, emotional, familienpolitisch und volkswirtschaftlich. Sie bekleiden, auch wenn die meisten von ihnen das wohl nicht so bezeichnen würden, ein undotiertes Ehrenamt. Sie leisten unbezahlte und unbezahlbare Arbeit, die trotzdem vergütet wird: mit Wertschätzung, Zuneigung, Abenteuer, einer neuen Form von Lebensqualität. Großeltern halten ihren berufstätigen Kindern den Rücken frei. Während der Schließzeiten von Kindergärten. Bei plötzlichen Erkrankungen der Kleinen. An den vielen Schulferientagen. Als Inhaber von Jahreskarten für Zoos, Museen oder Theater entdecken sie gemeinsam mit den Enkelkindern die Welt auf neue Weise.

Großeltern und Enkelkinder sind so eng verbunden wie nie

„Oma und Opa saßen auf dem Sofa.“ Der Kinderreim scheint ziemlich überholt. Das alte Stereotyp von den grauhaarigen Alten wurde abgelöst. Die neuen Großeltern sind jugendlich und aktiv. Das bestätigt auch die Psychologin Carolin Seilbeck. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Jugendinstitut und erforscht derzeit die generationenübergreifende Zeitverwendung von Großeltern, Eltern und Enkelkindern. Dazu arbeitet sie mit Bundes- und Landesministerien zusammen, wertet Unmengen Daten aus. Im Sommer 2018 ist eine Publikation geplant.

Seilbeck verweist auf die derzeitige demografische Entwicklung mit einer steigenden Lebenserwartung älterer Menschen. Das führe zu einem relativ jungen Phänomen: Heutige Großeltern können eine sehr lange Zeitspanne zusammen mit ihren Enkelkindern verbringen. „Noch vor der Mitte des 20. Jahrhunderts waren eigenständige, von der Elterngeneration losgelöste Großeltern-Enkelkinder-Beziehungen eher die Ausnahme.“

»Großeltern verbringen mehr Lebenszeit mit ihren Enkelkindern und achten mehr auf soziale Werte.«

Können Familien dieses neue Potenzial der von den verschiedenen Generationen gemeinsam verbrachten Zeit nutzen? Sie können, betont die Wissenschaftlerin, „allerdings muss hierfür die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme ohne größeren Aufwand bestehen.“ Immer häufiger gestalten Großväter und Großmütter diese Beziehungen gezielt und aktiv, zeigt die Forschung. Die Großelternrolle werde zumeist positiv erlebt. „Verschiedene Studien zeigen, dass eine positive Großelternidentität sowie Nähe zwischen Großeltern und Enkelkindern zu Wohlbefinden und psychischer Gesundheit beitragen.“

Eine weitere Erkenntnis des Forschungsprojekts: „Wer auch sonst ein großes soziales Netz hat und in vielen Bereichen aktiv ist, der pflegt in der Regel auch besonders intensive und enge Beziehungen zu den Enkelkindern. Das bestätigt die Datenlage“, sagt Carolin Seilbeck. „Das hatten wir so nicht erwartet, es ist aber ein sehr erfreulicher Umstand.“

Die Großeltern-Rolle annehmen und Bande knüpfen

Wie ist es, in die Großeltern-Rolle zu schlüpfen? Wie eine Welle, die langsam heranrollt, sich ausbreitet und festsetzt und nie wieder versickert. Das Band, das da entsteht, hat eine besondere Festigkeit.

Ulrich (69): „Meine beiden Enkel haben sehr viel Freude in mein Leben gebracht und meinen Blick auf die Welt verändert. Sie haben mich weicher gemacht. Es sind für mich die liebsten ‚Zwerge‘, die es gibt.“ Einmal wöchentlich ist er für die beiden Enkelsöhne zuständig. Regelmäßig zu Gast im Kindergarten zu sein, das war für den viel beschäftigten Mann früher undenkbar. Jetzt hat er sich sogar unter die „Lese-Opas“ begeben, liest einmal pro Woche im Kindergarten aus Kinderbüchern vor. Mit großem Vergnügen für beide Seiten.

Elena (62) erzählt: „Meine eigene Oma starb, als ich 14 war. Die Erinnerung an sie ist bis heute tief in meiner Seele. Wenn ich an sie denke, spüre ich Liebe und Geborgenheit. Bedingungslose Zuneigung. Großzügigkeit. Sie war ein grundehrlicher Mensch. Sie hatte Zeit und Verständnis, ließ mich machen und leitete mich unaufgeregt. Sie war Anker in der Zeit der Kindheit. Ich bin ihr bis heute unendlich dankbar.“ Sie habe von der Großmutter, die als Näherin arbeitete und in einer Teilwohnung mit Küche und Wohnzimmer lebte, auch Bescheidenheit gelernt, erinnert sie sich. „Dass Besitz nicht so wichtig ist. Dass man sich an kleinen Dingen freuen kann. Dass es darauf ankommt, wie man mit anderen Menschen umgeht.“

Die Oma, Jahrgang 1907, habe ein hartes und entbehrungsreiches Leben gelebt. „Sie hat schreckliche Erfahrungen während des Krieges gemacht, 1945 wurde die Familie aus dem Sudetenland vertrieben. Und trotzdem war sie zeit ihres Lebens eine gütige Frau.“ Elena erinnert sich, welch großartige Köchin und Bäckerin die Großmutter gewesen ist. „Böhmische Knödel mit Sauerbraten konnte niemand so wie sie.“ Bis heute ärgere sie sich, dass sie nicht mehr aufgeschrieben hätte von den Geschichten und Familienbiografien, von denen die Oma einst erzählte.

Durch ihr Verhalten geben Großeltern Werte weiter

Großeltern als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft. Als Reservoir von Geschichte und Geschichten. Als Kompass und Wertevermittler. Darauf verweist auch der Erziehungswissenschaftler und Entwicklungspsychologe Prof. Axel Schölmerich. In der Wochenzeitung DIE ZEIT schrieb er: „Großeltern achten oft mehr auf soziale Werte wie Anstand, Ehrlichkeit und Achtung als Eltern, die sich häufig besonders um die Schulleistungen und berufliche Zukunft ihres Kindes sorgen.“

»Kinder lernen Ansichten und Werte völlig ungezwungen. Einfach durch Kontakt und gemeinsames Erleben.«

Auch von Lebensweisheiten und Wissen geben die Großeltern gern ab. „Mein Opa war Eisenbahner. Wenn andere Kinderbücher lasen, haben wir Fahrpläne studiert“, schmunzelt Martin (70), der bis heute ein besonderes Verhältnis zur Bahn hat. Ist der Opa Naturfreund, wird er seine Leidenschaft für Pflanzen und Tiere an die übernächste Generation übermitteln. Denn für die hat er als Rentner mehr Zeit, als ihm zu seinen beruflich eingespannten Zeiten für die eigenen Kinder zur Verfügung stand. Begeistert sich die Oma für ferne Länder und Kulturen, wird auch der Nachwuchs das Besondere daran entdecken. Und das Beste: Kinder lernen Ansichten und Werte völlig ungezwungen. Einfach durch Kontakt und gemeinsames Erleben.

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Auch ohne eigene Enkelkinder Oma und Opa sein

Können auch Kinder, die keine Großeltern mehr haben oder deren Omas und Opas weit weg wohnen, vom Großeltern-Schatz profitieren? Sie können. In den vergangenen 15 Jahren entstanden bundesweit zahlreiche Großelterndienste. Hier werden besondere Beziehungen geknüpft: Interessierte Damen und Herren, die Kinder mögen und sich nützlich machen möchten, werden mit Familien zusammengebracht, die Bedarf an Oma und Opa haben. Nicht als Kinderaufsicht, sondern als Partner. Die Großelterndienste beraten, bringen Interessent*innen zusammen, geben Tipps, checken Wunsch und Wirklichkeit. Sie übernehmen meist die Haftpflicht für die Großeltern im Betreuungseinsatz.

Großelterndienste helfen, Werte und Erfahrungen weiterzugeben

Marion Hoyme leitet den „Großelterndienst Erfurt“, vor 13 Jahren hat sie ihn mitgegründet. Er stiftet seither zahllose Beziehungen zwischen Großen und Kleinen und wurde mehrfach ausgezeichnet. „Großelterndienste bedeuten Wertschätzung, die Weitergabe von Erfahrungen der älteren Generation, soziale Bindungen, liebevolle Betreuung“, sagt sie. Menschen zusammenzubringen sei eine erfüllende Aufgabe. Derzeit hat der Verein 70 aktive Großeltern und weit mehr Nachfragen von interessierten Familien. Diese Erfahrung teilt er mit den meisten anderen Großelterndiensten in der Bundesrepublik. Die sich für ein Großelternamt entscheiden, haben davon ebenso einen „Mehrwert“ wie die Familien.

Für Monika (70) ist Luis der Enkel, den sie sich immer gewünscht hat. Sie konnte keine eigenen Kinder bekommen. Über den Großelterndienst bekam sie vor fünf Jahren Kontakt zur Familie des Jungen. Inzwischen geht er in die vierte Klasse. Er gehört fest in ihr Leben – ein Tag pro Woche ist für ihn reserviert. Hausaufgaben, Kino, andere Unternehmungen. Beide Seiten sind glücklich. „Ich habe teil am Leben von Generationen, mit denen ich sonst weniger zu tun hätte“, sagt sie. Die kleine Schwester von Luis wird ihr demnächst weitere Oma-Freuden bescheren. „Wir könnten unseren Alltag ohne unsere Zweit-Oma gar nicht stemmen“, sagt Christiane, die alleinerziehend ist, in Hamburg lebt und ihre Eltern in Süddeutschland hat. „Meine Tochter findet es toll, dass sie mehrere Großeltern hat. Meine Eltern haben kein Problem damit.“

»Nimm die Erfahrung und die Urteilskraft der Menschen über 50 heraus aus der Welt, und es wird nicht genug übrig bleiben, um ihren Bestand zu sichern.«

„Nimm die Erfahrung und die Urteilskraft der Menschen über 50 heraus aus der Welt, und es wird nicht genug übrig bleiben, um ihren Bestand zu sichern“, sagte einst der amerikanische Unternehmer Henry Ford. Oma und Opa zu sein heißt, auf eine außerordentliche Entdeckungsreise zu gehen. Liebe zu geben und zu empfangen, sich nützlich zu machen. Es heißt auch, Werte weiterzugeben und Familiengeschichten, die sonst vielleicht im Dunkel der Geschichte verloren gingen.

Gastbeitrag des Online-Magazins Prinzip Apfelbaum (Ausgabe No. 02), auf der Grundlage des darin erschienenen Beitrags „Wie gut, dass es Oma und Opa gibt“ von Birgit Kummer. Alle Artikel und Ausgaben des Online-Magazins können Sie kostenlos lesen unter: www.das-prinzip-apfelbaum.de

Dies ist ein Gastbeitrag der “Initiative Apfelbaum – mein Erbe tut Gutes“. Die Stiftung Bildung benutzt eine gesellschaftlich bewusst reflektierte Sprache (bspw: mit*, Diskriminierungen vermeidend, Vielfalt der Gesellschaft sichtbar machen u.ä.) in all ihren eigenen Beiträgen, respektiert das Recht am eigenen Wort der*des Autor*in, veröffentlicht auf den eigenen Medien der Stiftung Bildung jedoch nur die der Compliance angepassten Texte.

Fotos: monkeybusinessimages/istock, Nikoline Arns/unsplash, Philip Goldsberry/unsplash

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